Mittwoch, 25. November 2020

Tränen

 

Tränen. Die Patientin im Krankenhaus war untröstlich. Ihr Weinen liess kein Gespräch möglich werden. Entmutigt, traurig, hilflos, unverstanden, verzweifelt muss sie ihre Situation empfunden haben. Weinen war der einzige Ausdruck ihrer Empfindungen. Tränen, nichts als Tränen. Der Schmerz wälzte sich von ihr zu mir. Was tun? Tun? Kann da jemand etwas tun? Trösten? Ja, da sein. Ihr Leid mit aushalten. Auch ohne Worte. Da erinnerte ich mich, dass ich ein zweites, ein frisches Taschentuch bei mir hatte. Ich gab es ihr. Sie nahm es wortlos. Und als ich mich verabschiedete, behielt sie es. Wie ein Pfand, das sagt, dass ich wieder kommen werde. Und ich kam wieder. Und sie behielt das Taschentuch auch dann wieder. Wie eine Verheissung, die sagt: Ich bin nicht allein. Es ist noch jemand da, der an mich denkt, mich nicht abgeschrieben hat und mich nicht aufgeben wird. Jemand, der wieder kommen wird. Nicht wegen des Taschentuchs sondern wegen der Zuwendung. Jemand, der Schmerz und Tränen mit aushalten wird.

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